Italianman in Bordeaux

Château Lamouroux

Ganz seltene Spezies: Giorgio Cavanna ist ein italienischer Winzer in . Und ein verdammt guter noch dazu! You drink , I drink Chianti, my dear. So jedenfalls würde Sting diesen Artikel beginnen. Doch der kennt Giorgio Cavanna nicht. In dessen Glas findet sich vorzugsweise – auch wenn er tatsächlich aus dem Chianti stammt. Und nicht nur das: Seiner Familie gehört mit dem Castello di Ama eines der renommiertesten Weingüter , dessen Ruhm einst von Giorgios Vater und dem Bordelaiser Önologen Patrick Léon begründet wurde. Wie es das Schicksal so will gab es im Jahr 2000 ein Revival des Erfolgsduos Cavanna/Léon – in zweiter Generation und unter geografisch umgekehrten Vorzeichen. Bertrand Léon, der Sohn, begeisterte Giorgio Cavanna vom Potenzial eines 11 Hektar großen, verwahrlosten, von drei Meter hohen Steinmauern umgebenen Weinbergs in der Bordelaiser Region Graves: Das war die (Wieder)Geburt des Grand Enclos du Château de Cerons und des Zweitweins Château Lamouroux. Bei der Ausstattung des neuen Weingutes ließen sich die beiden Söhne alles – nur nicht lumpen.

Wenn es denn einen bestechenden Grund gibt, vom Chianti ins Bordelais zu wechseln, dann die Weißweine. Der Château Lamouroux Blanc weist den feinsten Schliff auf, zu dem der berühmte Kieselsteinboden der Graves fähig ist, vervollkommnet durch diese ganz besondere mineralische Note. Sollten Sie sich schon immer gefragt haben, was der Begriff eigentlich bedeutet: Das ist Terroir! Auch der Lamouroux Rouge wirft viel Bordelaiser Eigensinn in die Waagschale. Die kühle atlantische Noblesse erfuhr allerdings während des zwölfmonatigen Ausbaus in zweitbelegten Barriques eine wirksame Lektion in italienischer Herzenswärme. Schließlich die Große Einfriedung, der Grand Enclos: Wenn in Frankreich um einen Weinberg eine Mauer ist, dann hat das einen Grund. Freuen Sie sich also diebisch – oder eben gerade nicht – und stoßen Sie zur Sankt Martins Gans mit einem großen Bordeaux an, der jetzt am Beginn seiner Trinkreife steht. Salute, mes amis!

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Dezember 2014)