Die neue Nachhaltigkeit: Oliver Gabels fulminanter erster Bio-Jahrgang

Weingut Oliver Gabel

Er will viel. Und er kann es auch. Sein Talent springt förmlich aus dem Gesicht. Doch dass er zudem auch die notwendigen Macherqualitäten mitbringt, sieht man dem introvertierten Pfälzer auf den ersten Blick nicht an.

Vor gerade mal fünf Jahren hat er vom Vater die exzellent gepflegten Weinberge mit den raren Kalkböden rund um Herxheim übernommen und sofort angepackt. Seitdem hat er nicht nur Drei Sterne beim Eichelmann Weinführer erobert, sondern auch den gesamten Betrieb auf biologische Erzeugung umgestellt.

"Wenn Du Qualität willst, gibt es zu keine Alternative", zeigt er sich überzeugt. Seine 2019er Kollektion gibt ihm auf ganzer Linie Recht: ein aus der Tiefe vibrierender , ein aromastrotzender aber niemals vordergründiger und ein substanzreicher, wunderbar lebendiger . Überragend!

Wein News: Oliver, was hat Dich bewogen, auf biologische Erzeugung umzustellen?
Oliver Gabel: Zum einen sind die Ressourcen der Erde endlich. Als Winzer denkst du ja in Generationen, gerade jetzt, wo mein Sohn da ist. Da willst du die Weinberge mindestens so gut hinterlassen wie du sie bekommen hast. Was Euch aber mehr interessiert: Ich will einfach noch bessere Weine machen.

Wein News: Wie kommst Du darauf, dass Bio besser ist?
Oliver Gabel: Weil der Weinberg genau die Menge an gesunden, aromatischen Trauben produziert, die er perfekt versorgen kann. Das schmeckt man.

Wein News: Im Qualitätsweinbau werden Erträge doch schon immer reduziert, z.B. durch die sogenannte grüne Lese.
Oliver Gabel: Aber ist das nicht paradox! Da pusht man die Rebe erst hoch auf Wachstum, um dann grüne Trauben wieder abzuschneiden. Dieses Up and Down erzeugt in den Pflanzen großen Stress. Mein Ziel ist der selbstregulierte Weinberg, der sich im Gleichgewicht befindet.

Wein News: Wie funktioniert Selbstregulierung?
Oliver Gabel: Man kann beispielsweise auf alte Reben- Züchtungen setzen, die noch nicht auf Wachstum getrimmt sind. Die Stöcke von unserem Sauvignon Blanc stammen von der Loire, die sind ertragsärmer und bilden auch nicht so viel Zucker aus: ein voll ausgereifter, mineralischer, intensiver Wein mit gerade mal 11,5 % Alkohol!

Dann geht viel über Begrünung der Rebzeilen mit unterschiedlich tief wurzelnden Pflanzen. Das ist nicht nur gut für Insekten, das belebt vor allem die Böden und reguliert den Wasserhaushalt. Die Trauben reifen so später aus, haben also mehr Zeit Aromen zu bilden.

Wein News: Aber in Trockenperioden nimmt die Begrünung den Reben doch das Wasser weg.
Oliver Gabel: Richtig. Deshalb macht Bio auch deutlich mehr Arbeit. Du musst immer wieder rausgehen und genau schauen, was der Weinberg gerade braucht. Und wenn die Bepflanzung den Reben schadet, dann muss man den Boden auch mal aufreißen.

Wein News: Wie lief denn der erste Jahrgang?
Oliver Gabel: Die Umstellung dauert ja drei Jahre. Es war also nicht der Erste. Aber der 2019er war richtig gut, vor allem die sehr aromatische Säurestruktur der Trauben. Diese verspielte Frische macht vor allem den Riesling groß. Auch der Grauburgunder ist dadurch deutlich eleganter ausgefallen. Das ist schon ein perfekter Start!

Wein News: Das finden wir auch! Vielen Dank, Oliver, für Deine aufschlussreichen Antworten.

Interview: Gotthard Scholz
WEIN NEWS Mai 2020